Die craniosacrale Biodynamik (oder Biodynamische Craniosacraltherapie) hat ihre Wurzeln in der Osteopathie. Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte der amerikanische Osteopath Dr. William Garner Sutherland durch sein Studium der Schädelnähte das Primäre Respirationssystem. Der craniosacrale Puls ist das einzige vollkommen unabhängig existierende, sehr subtile Bewegungssystem in unserem Körper. Dr. Sutherland sah im Primären Atem die Wirkung der fundamentalen Lebenskraft, die er als „potency“ bezeichnete und deren Annahme eine Brücke zwischen der herkömmlichen Anatomie und Physiologie sowie einer höheren im Kosmos wirkenden Intelligenz schlägt.
Das Gezeitensystem des Primären Atems mit seiner ordnenden und selbstregulierenden Funktion wirkt sich in den Flüssigkeiten des Körpers aus, die mehr als 70% des erwachsenen Körpers und nahezu 98% eines Embryos ausmachen.
Stellt man sich einen Fluss vor, der ungehindert in seinem Bett dahinfließen kann, so wird er das mit Kraft und Leichtigkeit tun können. Gelangen aber etwa durch Unwetter größere Hindernisse wie Baumstämme oder Steine in seinen Lauf, muss er sich anpassen, um die Hindernisse zu meistern. Er fließt noch, aber er ist in seiner Kraft und potenziellen Energie beeinträchtigt.
Vergleichbar dazu kann man sich Störungen in den Bewegungen des Primären Atems als die Auswirkung von schädigenden Umständen oder Traumata vorstellen, die den Körper auf vielen verschiedenen Ebenen (physisch, psychisch, emotional, spirituell….) beeinträchtigen. Das sanfte Halten in Stille wirkt wie eine Einladung an das gesamte System der/s Empfangenden, eine therapeutische Lösung für die Beeinträchtigungen und Muster, die durch die schädigenden Umstände entstanden sind, zu finden. So kann der Fluss wieder mehr und mehr an seine ursprüngliche Kraft und Leichtigkeit anknüpfen.
Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum. In diesem Raum haben wir die Macht, unsere Reaktion zu gestalten. In unserer Reaktion liegt unser Wachstum und unsere Freiheit.
Victor E. Frankl
Die craniosacrale Biodynamik hat sich, u.a. unter maßgeblicher Einflussnahme des Leiters meiner Grundausbildung, Franklyn Sills, erst in diesem Jahrhundert zu einer eigenständigen Körperarbeit entwickelt, die anders als die meisten Körpertherapien davon abgekommen ist, strukturelle Störfaktoren in den Vordergrund zu stellen. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Rückbesinnung auf die dem Körper innewohnenden Gesundheit.
Die therapeutische Wirkung ergibt sich daraus, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden, durch welche die Behandelten die Integration all ihrer verschiedenen Seinsebenen bewältigen und in einen zutiefst erholsamen Zustand eintreten können, in dem ihnen ihre Ressourcen zur Selbstregulation besser zur Verfügung stehen.
Nachdem ich etliche Jahre lang mit deutlich invasiveren Techniken gearbeitet habe, habe ich für mich erkannt, dass die Nachhaltigkeit einer „ungerichteten“ Behandlung, die der Körper aus seinem eigenem Wissen um seine ursprüngliche Ganz- und Gesundheit heraus steuert, größer ist als eine, wo er der Vorstellung folgen muss, die die Therapeutin von ihm hat. Nur der eigene Körper kennt die jeweils eigene Geschichte in ihrer Gesamtheit, weiss um sein Gewordensein, um seine Ahnen und um das Eingebundensein in seine Umgebung - all die Faktoren also, die seinen aktuellen Zustand mitbestimmen. Eine Korrektur, die der Körper aus eigener Initiative vornimmt, berücksichtigt alle die Ebenen, die auch der sorgfältigsten Therapeutin verborgen bleiben.
Wenn es uns gelingt, im Nichtwissen zu verweilen, wird das daraus entstehende Wissen ein tieferes sein.
Bonnie Bainbridge Cohen
Grundsätzlich ist es nicht notwendig, mit bestimmten Beschwerden zu einer biodynamischen Behandlung zu kommen, um einen Nutzen daraus zu ziehen. Die Zunahme an Vitalität und das Eintauchen in eine Art von Wohlbefinden, das sich sehr tiefgründig und geräumig anfühlt, kann jedem/r helfen, mit dem Stress des täglichen Lebens besser umzugehen.